Antrag auf Abnahme des Kreuzes

Der im folgenden dokumentierte Antrag auf Abnahme des im Gerichtssaal befindlichen Kreuzes wurde am 07.02.2019 von einem anarchistischen Pro Choice Aktivisten im Rahmen eines OWi-Prozesses gegen ihn gestellt. Die vorsitzende Richterin nahm den Antrag an, das Kreuz wurde abgehängt. Der Aktivist hat uns diesen Antrag zur Verfügung gestellt. Du darfst ihn gerne bei eignen Gerichtsverfahren verwenden.


Hiermit beantrage ich, das sich im Gerichtssaal befindliche Kreuz an der Wand umgehend abzunehmen, zumindest für die Dauer dieser Verhandlung.

Gründe:
1) Meines Wissens nach handelt es sich bei diesem Gericht um ein weltliches Gericht innerhalb eines erklärtermaßen säkularen Staates – auch wenn die Realität oft anders aussieht. Die Rechtssprechung erfolgt dabei “im Namen des Volkes” und nicht “im Namen des Herrn”, auch wenn es mir dabei schwer fällt, zu entscheiden was von beidem nun schlimmer ist. Als Symbol des christlichen Glaubens jedoch erweckt ein im Gerichtssaal aufgehängtes Kreuz den Eindruck, die Rechtssprechung in diesem Saal richte sich mehr nach obskuren Glaubensgrundsätzen, denn nach geltenden Gesetzen. Dabei ist das Kreuz nicht der einzige Umstand, der diesen Eindruck erweckt. Der oft gewählte Eideszusatz “so wahr mir Gott helfe”, bestärkt diesen Eindruck besonders. Um diesen Eindruck einer religiösen Voreingenommenheit zumindest bei diesem Prozess zu vermeiden, halte ich es für ein geeignetes Zeichen, das Kreuz an der Wand abzunehmen.

2) Neben der religiösen Bedeutung, die dem Kreuz innewohnt, handelt es sich bei einem Kreuz auch um ein Folter- und Hinrichtungsinstrument. Eine gekreuzigte Person sollte möglichst qualvoll verenden. Dabei war die Kreuzigung auch eine Form der Hinrichtung, die für Bürger*innen zweiter Klasse vorgesehen war. Ein bewusst an der Wand des Gerichtssaals positioniertes Kreuz muss dem*der Angeklagten daher auch jenseits religiöser Weltanschauungen wie eine Drohung erscheinen. Übrigens gilt das strenggenommen auch dann, wenn sich das Kreuz in der Hand eines*einer Christ*in befindet, aber das ist hier nebensächlich. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern ein Prozess unvoreingenommen und fair stattfinden kann, wenn er darauf setzt, die*den Angeklagte*n einzuschüchtern. Auch aus diesem Grund halte ich es für eine Notwendigkeit das Kreuz an der Wand abzunehmen.